Fahrrad Hauptstadt Graz – Radverkehrsoffensive 2030

Mit der Radoffensive Graz 2030 will die steirische Landeshauptstadt dort anschließen, wo sie sich bereits Anfang der 1980er-Jahre einen Namen gemacht hat: Als Vorreiterin in Sachen sanfte Mobilität. Graz soll wieder eine Radhauptstadt werden. Mit der Beschlussfassung für das 100-Millionen-Euro-Budget ist das – zumindest finanziell – bereits gelungen.

Foto: Stadt Graz/Foto Fischer

Masterplan von Stadt und Land gemeinsam präsentiert

Im Rathaus präsentierten nämlich Hausherr Bürgermeister Siegfried Nagl, Stadträtin Elke Kahr, die politischen Entscheidungsträger im Land, LH Hermann Schützenhöfer und LH-Stv. Anton Lang, Masterplaner Stefan Bendix sowie der Grazer Baudirektor Bertram Werle und sein steirisches Pendant Andreas Tropper, den Masterplan für die Radoffensive Graz 2030 von Stadt und Land.

Mit dem Brüsseler Städteplaner und Architekten Stefan Bendiks haben Stadt Graz und Land Steiermark gemeinsam einen international gefragten Radverkehrs-Experten als „Masterplaner” engagiert. Sein Büro hat die Gesamtkoordination der sechs lokalen SektorenplanerInnen übernommen und ist verantwortlich für die übergeordnete Netz- und Systemplanung. In Summe waren und sind mehr als 50 Expertinnen und Experten mit der Erarbeitung des Masterplans befasst.

Radmobilität nicht zum Selbstzweck

Bendiks plädiert dafür, Radverkehr nicht nur als reinen Selbstzweck isoliert zu betrachten: „Die Verlagerung von einem Teil des motorisierten Individualverkehrs auf das Fahrrad hat im Zuge eines nachhaltigen Mobilitätswandels jede Menge positive Auswirkungen auf die Entwicklung urbaner Räume. Es entstehen neue Begegnungs- und Verweilzonen sowie zusätzlicher Grünraum. Zugleich sinken der Lärmpegel und die Abgasbelastung – in Summe kann eine Stadt wie Graz durch eine solche Offensive noch attraktiver werden und an Lebensqualität gewinnen.”

So geht es nach 2030 weiter

Bislang sind 22 Teilstücke auf diversen Haupt- und Nebenrouten so weit durchgeplant, dass nach Einreichung und Genehmigung durch das Straßenamt mit der baulichen Umsetzung begonnen werden kann. Die Realisierung dieser Teilstücke erfordert fast das gesamte bis 2030 veranschlagte Budget von 100 Millionen Euro. Bisherige Gespräche der Verkehrsplanung des Landes Steiermark mit der Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) lassen eine deutliche Erhöhung des Budgets der Radoffensive Graz 2030 erwarten.

Die PlanerInnen nehmen sich daher bereits jener Lückenschlüsse an, die – spätestens – nach 2030 zur Vervollständigung des Gesamtnetzes benötigt werden.

Radhauptstadt mit Europa-Format braucht Mut

Bürgermeister Siegfried Nagl: „Die Lösungsvorschläge der Expertinnen und Experten liegen auf dem Tisch. Wir wissen nun, dass wir mehr als 100 Millionen Euro brauchen werden, um den gesamten Masterplan mit rund 100 neuen Radkilometern umzusetzen. Und wir wissen auch, dass ein nachhaltiger Mobilitätswandel nicht nur viel Geld kostet, sondern auch Mut zur Umsetzung erfordert. Jede Veränderung verlangt Hingabe und Kompromisse. Stadt, Land und die VerkehrsexpertInnen werden ab Herbst im Zuge einer Roadshow alle Pläne präsentieren und mit Bevölkerung und Wirtschaft in Dialog treten. Erste Meter machen wir bereits im heurigen September, wenn die Bauarbeiten für den großzügigen Geh-und Radweg in der Puchstraße starten.”

Weiterhin die auch die Hausaufgaben machen

Verkehrsstadträtin Elke Kahr: „Mit der Radoffensive wird für die nächsten Jahre ein großer Ausbau der Radinfrastruktur erfolgen. Die Vorbereitungen – Masterplan, Sektorenplanungen – sind weit gediehen; danke den zahlreichen Beteiligten. Jetzt gilt es, die Projekte auf den Boden zu bringen. Das braucht seine Zeit, auch wenn wir schon ungeduldig erste Baustellen sehen wollen. Und es ist ja nicht so, dass neben der Radoffensive nicht auch weiter an den Hausaufgaben gearbeitet wird: So startet In den kommenden Tagen der Ausbau im nächsten Radweg-Abschnitt Keplerstraße, an der Gradnerstraße wird vom Land weiter Richtung Straßgang gebaut und in der Georgigasse erfolgt noch heuer der wichtige Lückenschluss zwischen Schlossgasse und Baiernstraße.”

Mobilitäts-Wunderwaffe

Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer: „Die Mobilität der Zukunft muss nicht nur klimafreundlich, sondern auch vernetzt und leistbar sein. Mit der Radverkehrsoffensive setzen das Land Steiermark und die Stadt Graz ein starkes Zeichen für den Ausbau der sanften Mobilität im urbanen Raum. In Graz wurden bereits Anfang der 1980er-Jahre die ersten Radwege Österreichs markiert. Als einer der am stärksten wachsenden Ballungsräume Österreichs steht Graz im Bereich der Mobilität vor zukunftsweisenden Entscheidungen. Mit der jetzigen Radverkehrsoffensive übernimmt unsere Landeshauptstadt erneut eine Vorreiterrolle. Radverkehr ist die „Mobilitäts-Wunderwaffe” für den Klimaschutz und gegen den Stau. Gemeinsam investieren Land und Stadt daher in den kommenden Jahren mehr als 100 Millionen in den Ausbau der Radinfrastruktur.”

Menschliches Grundbedürfnis

LH-Stv. und Verkehrsreferent Anton Lang: „In den Städten und deren Umgebungsgemeinden wächst die Bevölkerung besonders stark und das Verkehrsaufkommen nimmt dementsprechend zu. Der Platz auf den Straßen wird aber nicht mehr und daher ist es ein Gebot der Stunde, auf kurzen Strecken den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren und auf das Fahrrad oder öffentliche Verkehrsmittel zu verlagern. Alle Menschen wollen und müssen mobil sein – als Anreiz für den Umstieg auf sanfte Mobilität braucht es eine leistungsfähige und attraktive Infrastruktur. Fünf Jahre nach dem Start unserer Radverkehrsstrategie sind steiermarkweit 21 Vorhaben um mehr als 200 Millionen Euro in Umsetzung und Vorbereitung. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Graz und Umgebung sind ein Modellfall, der auch international zum Vorbild werden kann.”

Planungsgrundsätze für die Radhauptstadt Graz:

  1. Mehr Lebensqualität für den öffentlichen Raum.
    Radverkehr wird zu einem integralen Bestandteil der Stadtentwicklung mit dem Ziel, die Lebensqualität im öffentlichen Raum nachhaltig zu verbessern. Daher geht die Planung von Radverkehrsanlagen – wo immer das möglich ist – mit der Schaffung von zusätzlichen Verweilzonen und Grünraum einher.
  2. Verbesserungen für den Radverkehr ohne Nachteile für Fuß- und öffentlichen Verkehr.
    Bei planerischen und baulichen Eingriffen in öffentliche Verkehrsflächen ist sicherzustellen, dass sich die Gesamtsituation für den Radverkehr verbessert. Verbesserungen für den Radverkehr dürfen im Gesamtsystem zu keiner Verschlechterung für FußgängerInnen und Öffentlichen Verkehr führen. Mischnutzungen von Rad- und Fußverkehr sind generell zu vermeiden. Ausgenommen in Bereichen, wo dies der Aufenthaltsqualität zugutekommt.
  3. Attraktivierung mittels Durchgängigkeit und maximale Sicherheit.
    Der Radverkehr erhält eine ebenso durchgängige Infrastruktur wie die anderen Verkehrsarten. Hauptrouten werden in Hinblick auf direkte Verbindungen, Attraktivität und Sicherheit mit der gleichen Konsequenz geplant wie Korridore für den Öffentlichen Verkehr und motorisierten Individualverkehr. Wo ohne Umwege sichere Routenführungen nicht anders zu realisieren sind, bekommt Radverkehr den Vorzug gegenüber dem motorisieren Individualverkehr. Bei Entfall von Parkplätzen zugunsten des Radverkehrs werden für Anrainer und Besuch alternative Angebote geschaffen.
  4. Konfliktvermeidung an Kreuzungen.
    Zugunsten der Sicherheit des Rad- und Fußverkehrs erfolgen Ampelschaltungen soweit wie möglich konfliktfrei. An Kreuzungen hat die Durchgängigkeit des Radverkehrs Priorität gegenüber Parkplätzen, Ladezonen sowie Abbiegestreifen für den motorisierten Individualverkehr.
  5. Effizientere Nutzung verfügbarer Abstellflächen.
    An allen wichtigen Zielorten werden komfortable Fahrradabstellanlagen errichtet. Wo es trotz Bedarf keine oder zu wenige Fahrradabstellplätze gibt, werden – in Sinne einer effizienteren Flächennutzung – Parkplätze in Stellplätze für Einspurige umgewidmet.
  6. Sichere Öffnung des Einbahnsystems für den Radverkehr.
    Nach Möglichkeit werden sämtliche Einbahnstraßen für den Radverkehr in beide Fahrtrichtungen geöffnet und mit angemessen breiten Fahrradstreifen oder als Fahrradstraßen aus- und umgebaut.
  7. Priorität für aktive Mobilität im Stadtkern.
    In der Innenstadt und den Stadtteil- und Bezirkszentren bekommen Fuß- und Radverkehr oberste Priorität, gefolgt von Öffentlichem Verkehr und motorisiertem Individualverkehr.

Bereits Anfang der 80er-Jahre wurden in Graz die ersten Radwege von Österreich markiert. Mit der derzeitigen Radverkehrsoffensive ist die steirische Landeshauptstadt nun wieder in der Vorreiterrolle. Die Steiermark kann gemeinsam mit der Stadt Graz durch die Investition ein bedeutendes Zeichen für einen umweltfreundlichen und auch nachhaltigen Verkehr im urbanen Raum gesetzt werden. Diese Mobilität der Zukunft klimafreundlich und auch vernetzt sowie leistbar sein.

Radfahrer in Graz – hier bei der Tour de Graz

Ziele der Mobilitätsoffensive

Die hauptsächlichen Ziele der Mobilitätsoffensive von Graz und dem Land Steiermark sind eine Erhöhung der Verkehrssicherheit sowie die Verbesserung der generellen Lebensqualität in der Stadt. Kernstrategie:

Ein sicheres und faires Miteinander von aktiver Mobilität , Öffentlichem Verkehr sowie motorisierten Individualverkehr ist hierbei besonders wichtig.

Die bedeutendste Grundlage für diesen Masterplan war die in den Jahren 2018 und 2019 vom Land Steiermark zusammen mit der TU Graz, PLANUM sowie Bike Citizens erarbeitete Radnetzstudie speziell für den Kernballungsraum, welche wichtige Faktoren wie die Wohndichte, die Arbeitsplatz-Agglomeration und auch die Routennutzungen in ein „Idealnetz“ neu überführte.

Radschnellwege geplant

Die hauptsächlichen Achsen von der Peripherie in das Zentrum werden vorwiegend als Radschnellwege mit abgetrennten Richtungsfahrbahnen und Überholmöglichkeiten ausgeführt. Die neuen Verbindungswege sorgen für eine gute innerstädtische Vernetzung und auch Zufahrtswege für eine Verbesserung der Erreichbarkeit. Auch bei Geschwindigkeiten über 30 km/h in dem fließenden Verkehr sind die neuen Radwege baulich vom Autoverkehr getrennt, eine Vermischung des Rad- und Fußgängerverkehrs wird daher von Begegnungszonen vermieden.

Das geplante Radwegenetz in Graz | Screenshot Presseinfos

RADMOBIL Graz 2030

Der Radoffensive bzw. der Masterplan “RADMOBIL Graz 2030” liegt die Radnetzstudie für diesen Kernballungsraum in Graz zugrunde. Diese wurde von der TU Graz, PLANUM sowie Bike Citizen erarbeitet ist jetzt druckfrisch verfügbar. Das Ziel ist die Erhöhung der Verkehrssicherheit sowie auch die Optimierung der Lebensqualität – und dies für alle. Ein ehrenhaftes Miteinander steht zudem auch im Vordergrund. Dies unterstrich auch der Vizebürgermeister Eustacchio.

Es müssen alle Verkehrsteilnehmer berücksichtigt werden, das Ganze muss auch mit Augenmaß betrachtet werden, also die Gesamtsituation muss im Blick behalten werden.

  • Es gibt derzeit 120 Kilometer Radwegenetz in Graz
  • 200 Kilometer sollen nun bis zum Jahr 2030 dazukommen
  • Davon sind 100 Kilometer Zufahrten
  • 50 Kilometer sind Verbindungswege, die bis zu zwei Meter breit
  • 50 Kilometer Radschnellwege bei einer Breite von 3,5 bis 4 Metern

Die neue Radwegoffensive ist ein Meilenstein bei der Entwicklung in der Landeshauptstadt. Die Verantwortlichen haben sich dazu entschlossen, einen wichtigen Beitrag dazu zu leisten. Eine sanfte Mobilität hat hierbei einen Einzug gehalten, vor allem der Klimaschutz ist in den Köpfen vieler Menschen angekommen. Davon ist auch der Landeshauptmann Schützenhöfer überzeugt.

Auch der Stellvertreter Lang erklärte, dass die Menschen in der Zeit einer Trendwende leben. Die Menschen merken, dass sie mit dem Fahrrad schneller und besser vorankommen. Es ist eine historische Zeit für den Radverkehr. Lang erinnerte an das Jahr 2016, in welchem die Radverkehrsstrategie für die Steiermark beschlossen wurde. Eindeutig war bereits damals, dass sie nicht bei den Ortstafeln enden darf, sondern hier hinaus reichen muss.

100 Millionen Euro

Es ist hier ein Schulterschluss zwischen der Steiermark sowie der Stadt Graz, wie es ihn in jener Dimension zum Vorteil des Radverkehrs noch nie vorher gegeben hat. Mehr als 100 Millionen Euro von beiden Gebietskörperschaften finanzieren das Projekt und sollen in den Bau der Infrastruktur aufgebracht werden, um den Anteil der Räder im Verkehrsaufkommen des Großraums Graz bis in das Jahr 2030 zu verdoppeln.

Die Steiermark plant den entsprechenden Regierungsbeschluss schon für den kommenden Donnerstag, die Stadt möchte in der kommenden Gemeinderatssitzung dann auch im November nachziehen und einen neuen Grundsatzbeschluss erfassen. Mit dem breiten Maßnahmenpaket – dem Masterplan Radmobilität – soll nun das Radfahren erheblich gefördert und somit ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz und auch zu der Reduktion des Verkehrsstaus Stadt Graz erfüllt werden.

Bis in das Jahr 2030 wird dem jetzt schon besiedelten Ballungsraum um die Landeshauptstadt ein erheblicher Bevölkerungszuwachs von mehr als 20 Prozent prognostiziert. Dies erfordert im Zusammenschluss mit dem weiter steigenden Mobilitätsbedürfnis – stetig steigende Zahlen der Personenkilometer im Jahr – ein Handeln, um auf diese Weise noch mehr und auch längere Staus vermeiden zu können. Etwa 40 Prozent der innerstädtisch zurückgelegten Wege der Pkw-LenkerInnen sind kurzlebiger als 5 Kilometer – und können daher auch von eher mäßig sportlichen Leuten problemlos mit dem „Drahtesel“ zurückgelegt werden.

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